Niedrigpreisstrategie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Niedrigpreisstrategie (oder Billigpreispolitik, Niedrigpreispolitik) ist in der Betriebswirtschaftslehre und Preispolitik eine Preisstrategie, die auf das Marktsegment der Schnäppchenjäger und Billigsortimente fokussiert ist. Gegensatz ist die Hochpreisstrategie.

Es handelt sich um eine Preisstrategie, bei der Güter oder Dienstleistungen dauerhaft auf einem niedrigen Preisniveau angeboten werden.[1] Preisstrategien streben eine langfristige Ausrichtung von Preisen an und legen den Preis vor allem unter Beachtung der übergeordneten Unternehmensziele, Marketinginstrumente und des Produktlebenszyklus fest.[2] Bei einer Niedrigpreisstrategie wird unterstellt, dass einerseits die Güter oder Dienstleistungen an oder nahe der Preisuntergrenze angeboten werden und dass es andererseits auch teurere Substitutionsgüter der Konkurrenz gibt.

Die Kunden besitzen eine hohe Preissensivität[3] und eine geringe Zahlungsbereitschaft, wobei die maximale Zahlungsbereitschaft nicht vollständig abgeschöpft werden kann. Der günstige Preis spielt eine große Rolle, weswegen die Produktqualität weniger wichtig ist. Das Budget ist häufig knapp, so dass bei Substitutionsgütern die preisgünstigeren Artikel ausgewählt werden.

Es handelt sich um Schnäppchenjäger, die sich auf Billigsortimente konzentrieren. Sie achten auf Preisnachlässe (wie Couponing, Frühbucherrabatt, Happy Hour, Incentives, last minute, Rabatte, Skonto, Sonderangebot). Bestehen zeitliche Preisdifferenzierungen, bevorzugen sie Saisonschlussverkauf und die Nebensaison. Präferiert werden Billigbestattung, Billiger Jakob, Billigfluggesellschaften, Discounter, Energiediscounter, Off-Price-Stores, Sonderposten- und Supermärkte.

Die Anbieter lassen sich gegebenenfalls auf einen aggressiven Preiswettbewerb ein.[4] Sie versuchen, den Preis als Wettbewerbsvorteil zu nutzen und in den Vordergrund zu stellen.[5] Die Hersteller erzielen ihren Gewinn im Regelfall durch Massenproduktion mit hohen Stückzahlen und nicht durch hohe Umsatzerlöse pro Stück.[6]

Auf bestimmten Märkten (Homogene Güter, hohe Markttransparenz, hohe Wettbewerbsintensität) erkannte Michael E. Porter 1985 bei Anbietern oft ein „zwischen den Stühlen sitzen“ (englisch stuck in the middle), das in der U-Kurve zum Ausdruck kommt und keine Wettbewerbsvorteile bietet. Anbieter müssen ihm zufolge entweder auf eine Niedrigpreispolitik setzen oder auf hohe Produktqualität.[7]

Die Penetrationsstrategie ist eine Niedrigpreisstrategie[8], wobei ein Produkt bei seiner Markteinführung mit einem niedrigen Preis angeboten wird, um möglichst hohe Marktanteile zu gewinnen. Mittelfristig wird dann der Marktpreis angehoben. Nachteil ist, dass bei der Markteinführung Gewinnchancen wegen der niedrigen Preise nicht vollständig genutzt werden, weil die Zahlungsbereitschaft nicht maximal ausgeschöpft wird.[9] Die gegensätzliche Abschöpfungsstrategie beginnt mit einer Hochpreisstrategie und wird fortgesetzt mit einer sukzessiven Niedrigpreisstrategie.

Auch Marktfolger wählen die Niedrigpreisstrategie, um auf Marktführer Preisdruck auszuüben und Marktanteile zu erkämpfen.[10]

Anbieter stehen unter Preisdruck, so dass für sie die Kenntnis der Preisuntergrenze von Bedeutung ist, also jener Preisgrenze, bei der ein Unternehmen bei weiterem Preisdruck Verluste hinnehmen müsste.[11]

Unterscheidungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Unternehmen werden insbesondere folgende Hoch- und Niedrigpreisstrategien unterschieden:

Kriterium Hochpreisstrategie Niedrigpreisstrategie
Saisonbetriebe Hauptsaison Nebensaison
Ladenart Fachgeschäft
Drei-Sterne-Restaurant
Supermarkt
Imbissbude
Güterart Luxusgüter
Markenartikel
Haute Cuisine
Champagner
Billigsortiment
No-Name-Artikel
Junkfood
Sekt
Luftverkehr First Class Economy Class
Personenkraftwagen Luxusklasse Kleinwagen
Produktqualität Premiummarke Zweitmarke
Immobilienmarkt Luxusimmobilie Schrottimmobilie
Strommarkt Spitzenlasttarifierung Nachtstrom

Peak load pricing

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die an der Spitzenauslastung orientierte Preispolitik (Spitzenlasttarifierung; englisch Peak Load Pricing) ist eine zeitliche Preisdifferenzierung, die häufig im Dienstleistungssektor bei nicht lagerfähigen Dienstleistungen angewandt wird.[12] Die Unternehmen sind hohen Nachfrageschwankungen (Tages-, Wochen- und Saisonschwankungen) ausgesetzt, einige sind sogar Saisonbetriebe. Hierzu gehören insbesondere Elektrizitätsversorgungsunternehmen (hoher Preis für die Spitzenlast tagsüber, niedriger Preis beim Nachtstrom), Fluggesellschaften, Gastronomie (Happy Hour) oder Hotels (Motels). Sie fahren eine Hochpreisstrategie in nachfragestarken Perioden und Niedrigpreisstrategie in nachfrageschwachen Zeiten. Das peak load pricing gelingt umso mehr, je höher die Nachfrageelastizität ist.[13]

Ziel des peak load pricing ist es, durch entsprechende Preisnachlässe die preissensible Nachfrage in die Zeit außerhalb der Saison zu verlagern und dadurch mehr Kunden zu gewinnen und den Gesamterlös erhöhen zu können.[14]

Wirtschaftliche Aspekte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Betrachtet man die Marktform, so können Niedrigpreisstrategien bei Überkapazitäten und Marktsättigung eingesetzt werden; in Wachstums- und Zukunftsmärkten wird der Preis oft als Instrument eingesetzt, um Marktanteile zu gewinnen und zu sichern.[15] Niedrigpreisstrategien können weniger zahlungsbereite Nachfrager ansprechen, um die Absatzmenge zu steigern.[16] Im Rahmen eines sich verschärfenden Preiswettbewerbs führen Niedrigpreisstrategien zu einem ruinösen Verdrängungswettbewerb, weil die dazu notwendigen Kostenvorteile nicht gehalten werden können.[17] Niedrige Preise führen zu einer schnellen Warenrotation[18], die insbesondere bei Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaren, Putz-, Reinigungs- und Waschmitteln, Körperpflegemitteln, Kosmetik und Hygienepapieren vorzufinden ist. Hier ist die Gewinnmarge pro Stück gering, der Gesamtgewinn wird über Massenproduktion erreicht.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Günter Hofbauer/Enrico Purle, Professionelles Vertriebsmanagement, 2022, S. 255
  2. Jean-Paul Thommen, Lexikon der Betriebswirtschaft, 2008, S. 523
  3. Günter Hofbauer/Enrico Purle, Professionelles Vertriebsmanagement, 2022, S. 255
  4. Ludwig G. Poth/Marcus Pradel/Gudrun S. Poth, Gabler Kompakt-Lexikon Marketing, 2003, S. 347
  5. Andréa Belliger/Christoph Hug/David Krieger/Michael Boenigk, Innovative Wirtschaftskommunikation, 2006, S. 52
  6. Thomas T. Nagle/Reed K Holden, The Strategy and Tactics of Pricing – A Guide to profitable Decision Making, 2002, S. 49
  7. Michael E. Porter, Competitive Advantage, 1985, S. 16
  8. Jochen Becker, Marketing-Strategien – Systematische Kursbestimmung in schwierigen Märkten, 2002, S. 728 f.; ISBN 978-3800625697
  9. Günter Hofbauer, Optimales Rating für KMU, 2008, S. 197
  10. Dietmar Pfaff, Praxishandbuch Marketing, 2004, S. 236
  11. Martin Gläser, Medienmanagement, 2014, S. 467
  12. Konrad Liessmann, Gabler Lexikon Controlling und Kostenrechnung, 1997, S. 496
  13. Konrad Liessmann, Gabler Lexikon Controlling und Kostenrechnung, 1997, S. 496
  14. Robert Klein/Claudius Steinhardt, Revenue Management, 2008, S. 182
  15. Andréa Belliger/Christoph Hug/David Krieger/Michael Boenigk, Innovative Wirtschaftskommunikation, 2006, S. 52
  16. Wilhelm Krelle, Preistheorie, 1961, S. 130 ff.
  17. Ludwig G. Poth/Marcus Pradel/Gudrun S. Poth, Gabler Kompakt-Lexikon Marketing, 2003, S. 347
  18. Gerrit Heinemann/H. Mathias Gehrckens/Thomas Täuber, Handel mit Mehrwert, 2018, S. 184